Ausgehend vom Begriff „Hospiz“ in seiner ursprünglichen Bedeutung als Herberge zeigte Ursula Deiber sehr gut nachvollziehbar die Entwicklung zur modernen Hospizbewegung auf. Die zahlreichen Zuhörerinnen und Zuhörer erfuhren Erstaunliches, denn die moderne Hospizbewegung ist gerade erst ein halbes Jahrhundert alt. Cicely Saunders, englische Krankenschwester, Sozialar-beiterin und Ärztin, gilt als Begründerin der heutigen Hospizbewegung und Palliativmedizin. Sie eröffnete 1967 in London das „St. Christopher's Hospice“ als erstes modernes Hospiz. Das Hospiz als Raststätte oder Station auf der letzten Reise mit palliativer Versorgung und menschlicher Begleitung.In Deutschland dauerte es noch etliche Jahre, bis die erste Palliativ-Station 1983 an der Uniklinik Köln eröffnet wurde. 1986 startete das „Haus Hörn“ in Aachen als erstes stationäres modernes Hospiz. In der Folge setzte sich die Hospizbewegung – stationär und ambulant – nun auch in Deutschland verstärkt durch. Der unumstößliche Grundsatz: Hospiz ist nicht als Institution zu verstehen, sondern in erster Linie als Konzept!
In Rottweil fand sich 1992 ebenfalls eine Gruppe engagierter Menschen, die sich dem Credo von Cicely Saunders anschloss: »Auch wenn wir an der grundsätzlichen Situation sterbender Menschen wenig ändern können – wir können versuchen, ihnen in dieser schwierigen Phase des Lebens beizustehen. Alle Bemühungen müssen also an den Bedürfnissen unserer Patienten orientiert sein.« Die Mitglieder der Gruppe wurden sorgfältig in diversen Kursen auf ihre Tätigkeit als Begleiterinnen und Begleiter in den letzten Tagen und Stunden schwerkranker oder todgeweihter Mitmenschen vorbereitet. Die Mitglieder der Sitzwache Rottweil werden zudem regelmäßig durch Fachkräfte fortgebildet. Sie besuchen und begleiten Schwerkranke und Sterbende in Alten- und Pflegeheimen, im Krankenhaus sowie in Privathaushalten. Ihre Tätigkeit üben sie freiwillig und ehrenamtlich aus, also ohne jegliche Vergütung. Außerdem unterliegen sie – wichtig zu wissen – der Schweigepflicht. Sie können natürlich kein Pflegepersonal ersetzen oder hauswirtschaftliche Hilfen leisten. Die Zuwendung durch Angehörige und Freunde kann nicht ersetzt werden, aber diese können Entlastung erfahren.
Ursula Deiber verstand es sehr gut, den Zuhörerinnen und Zuhörern einen Eindruck von der Arbeit im Sitzwachenteam zu vermitteln. Großes Einfühlungsvermögen, um herauszufinden, was der Todkranke in seiner jeweiligen Situation braucht. Vorlesen, Singen, Erzählen, Zuhören, gemeinsame Gebete, einfach da sein. Es gibt keine festen Regeln, nach denen die Begleiterinnen und Begleiter handeln, die vielfältigen Bedürfnisse der Schwerkranken sind der Maßstab für das Tun. Und nicht zuletzt werden ebenso die Angehörigen nicht vergessen. Auch sie benötigen Unterstützung und Begleitung.
Die Mitglieder des Seniorenrat Rottweil waren tief beeindruckt vom Engagement des Sitzwachenvereins. Mit einer Fragerunde schloss die Veranstaltung, nicht ohne eine wichtige Feststellung des Publikums: Hauptsächlich Frauen tragen dazu bei (Männer sind absolut in der Minderheit), dass Menschen ihr Leben in ganz persönlicher Weise und in Würde abschließen können. Im Namen aller Anwesenden dankte der Vorsitzende des Seniorenrats für den tollen Vortrag mit einem kleinen Blumengruß für den Schreibtisch.